Die 5. Runde der Stadtmeisterschaft

Am 2. April fand die offizielle 5. Runde der Stadtmeisterschaft statt. Elf Partien sind bereits gespielt, sodass die Tabellenlage nach der „Halbzeit“ immer noch offen für alles ist. Momentan hat Thomas Schmidt einen hauchdünnen Vorsprung seinen Konkurrenten gegenüber mit 4 aus 5 Punkten. Es gibt aber ein äußerst enges Feld hinter ihm mit 3.5 bzw. 3 aus 5 Punkten. Wahrscheinlich müssen wir uns bis zur 7. Runde gedulden, um Favoritenrollen festzulegen. Das heißt: Es bleibt weiterhin spannend!

 

Und die aktuelle Tabellenlage:

Die 6. Runde findet am 23. April statt.

Zum Nachspielen

Zunächst zwei Nachholpartien der 4. Runde:

Gerhard Kühnen – Guido Heinemann : 0-1

Nachholpartie vom 26.03. Die Semi-Tarrasch-Variante des Damengambits wird hier gespielt. Diese Eröffnung verspricht keine scharfen Stellungen, weshalb nach 15 Zügen alles ziemlich ausgeglichen ist. Bei einer nahezu symmetrischen Bauernstellung muss man genauer auf die Figuren achten.

Es geht um folgende Stellung im 17. Zug (Weiß am Zug):

Schwarz hat das Läuferpaar und die aktiveren Türme. Außerdem ist b2 ein Wunder Punkt in der Stellung von Weiß. Aus diesen Gründen genießt Guido eine vorteilhafte Stellung.

Außerdem schlummern Taktiken in jeder Stellung, so hätte Schwarz hier mit einer Kombination das Spiel gewinnen können!

Guido wählt einen anderen Weg, der ihn aber auch zum Sieg führt. Er geht in ein Turmendspiel mit einen Mehrbauern. Guido hat schon in der ersten Runde gegen Nikolaj bewiesen, dass er solche Endspiele souverän meistert. Dort hatte er sogar die Qualität zurückgeopfert, nur um das Spiel zu vereinfachen und zu gewinnen. Solch eine Technik zeigt Guido auch in dieser Partie. Sehen Sie selbst!

Holger Martens – Lutz Kania : 1/2-1/2

Lutz wird Sb4 spielen, woraufhin Holger mit a3 direkt „die Frage“ stellt.

Nachholpartie vom 19.03. Die skandinavische Verteidigung mit Sc6 statt Dxd5 hat immer etwas mehr Würze, so auch in dieser Partie. Schon nach zehn Zügen kommen wir in eine Abfolge, die eine äußerst merkwürdige Stellung zulässt:

Ich meine folgende Stellung, Schwarz hat gerade De3+ gespielt.

Holger entscheidet sich, mit den Läufer zu blocken. Tatsächlich wäre aber eine vorteilhafte Stellung für ihn herausgesprungen, wenn er auf e3 die Damen getauscht hätte! Diese Variante finden Sie beim Nachspielen.

Lutz platziert seine Springer auf c2 und e3, ein Bild, was man nur selten zu sehen bekommt. Zusätzlich dazu ist noch die schwarze Dame auf f2 gelangt. Ein äußerst bizarres Stellungsbild.

Hier hätte Holger mit Ld1 gleich zwei Sachen erreicht: Er deckt den Bauern auf g2, der wichtig für ihn ist und er greift den nervigen Springer auf c2 an:

Holger wählt stattdessen Ta2, was für Lutz eine gefährliche Möglichkeit zum Angriff ist. Aber auch Lutz wählt nicht den korrekten Zug. In solch einer unnatürlichen Stellung verständlich für beide Seiten, nicht die „korrekte“ Wahl zu treffen.

Dies ist eine Variante, die hätte entstehen können (Schwarz am Zug):

Der Weiße König steht sehr eingeengt und könnte tatsächlich in ein Mattnetz geraten! Nach Lg4 muss Holger schon die Figur aufgeben und sich ein Fluchtfeld schaffen, da Sd4 nebst Sb3 einfach zu stark ist. Dies wird noch einmal dadruch verdeutlicht, dass nach Td1 statt Tg1 von Weiß keine Besserung da ist, Sd4 ist tödlich in dieser Stellung.

Im Spiel wurde sich für Le6 entschieden. Holger kann etwas aufatmen und tauscht zuerst die Damen und dann seinen Läufer gegen einen der starken Springer. Da er immernoch einen Bauern mehr hat und die Probleme um seinen König herum gelöst hat, steht Holger besser, zumal er zeitig den zweiten Bauern gewinnt.

In folgender Stellung hat Weiß b4 gespielt. Schwarz kann die Stellung nun etwas retten, wie?

Lutz erkennt die Kombination und kann somit die Stellung ausgleichen.

 

Dirk Maleska – Nahmen Christiansen : 1-0

Dirk am Zuge wird f4 spielen, woraufhin Nahmen c6 antworten wird

In einen Spiel, welches unter der Eröffnungskategorie „Damenbauerspiele“ fällt, ist die Stellung lange Zeit ausgeglichen. Dirk besitzt Kontrolle über das Feld e5 und hat dort einen fantastisch platzierten Springer. Dafür hat Schwarz besseren Halt über das Feld e4. Die einzige Ungleichheit ist, dass Schwarz eine halboffene c-Linie besitzt und Weiß eine halboffene f-Linie. Nach 25 Zügen erreichen wir eine Endspielstellung mit Dame und Springer. Beide Seiten machen gute Züge, weshalb es nicht viel zu bemängeln gibt. Allerdings hat Nahmen im 35. Zug eine Entscheidung getroffen, die zwar logisch scheint, aber tatsächlich vom Nachteil ist.

Im Endspiel ist zwar der König eine der wichtgisten Figuren, aber trotzdessen wäre Sf4 hier mehr angebracht:

Die letzten 5 Züge vor der Zeitkontrolle sind immer eine heiße Phase. So ist es auch hier: Dirk hätte in folgender Stellung die Möglichkeiten des Springers einschränken können:

Nach einen kleinen Fehltritt im 39. Zug ist die Zeitkontrolle erreicht und Dirk hat vorteilhaftes Endspiel vor sich stehen. Nach einer kurzen Verschnaufpause hat Dirk Nahmen keine Chance gelassen und seine brilliante Endspieltechnik erneut gezeigt. Sehen Sie selbst!

 

Michael Kläve – Thomas Schmidt : 0-1

Thomas wird den Läufer auf d2 tauschen. Eine Gute Idee, wenn man den Springer auf b5 beachtet, der die Schwarzen Felder kontrolliert.

In einer holländischen Verteidigung mit b6 platziert Thomas mit c5 und d5 ein imposantes Bauern-Duo. Allerdings hat Michael mit seinen Springer auf b5 und seiner Dame auf f4 ein Mitspracherecht! Er verfolgt eine gute Idee und dringt mit drei Figuren über die Grenzen des feindlichen Lagers ein.

Folgende Stellung ist daraus entstanden. Schwarz muss hier schon aktiv handeln – wie?

Thomas kommt recht bequem aus der Lage heraus und wir gelangen in ein ziemlich ausgeglichenes Turmendspiel. Michael hat die etwas bessere Bauernstellung, aber Thomas ist mit seinen Bauern schon weiter vorraus.

Allerdings wählt Michael in folgender Stellung die falsche Verteidigung des Bauern auf a3. Wie würden Sie diesen decken?

Ab dann zeigt Thomas eisernen Willen und kann das Endspiel mit den aktiveren Figuren für sich entscheiden. Man sieht: Endspiele zu lernen lohnt sich!

 

Guido Heinemann – Oliver Fritz : 1/2-1/2

Guido hat gerade Ld5 gespielt, woraufhin Oliver sich mit Sf6 entwickeln wird.

Guido wählt passend zu seinen Spielstil das Evans-Gambit. Oliver trifft weitesgehend die richtigen Entscheidungen, allerdings ist meines Wissens nach der Zug Sa5 ein häufig auftretenes Muster im Evans-Gambit. Dieser Zug soll nämlich gegen den Läufer auf c4 und die Dame auf b3 gerichtet sein, die oft im Evans-Gambit dort platziert ist. Selbst wenn der weißfeldrige Läufer vom Brett ist, scheint dieser Zug ein wichtiges Instrument im Werkzeugkoffer von Schwarz zu sein.

So hätte Oliver hier schon eine vorteilhafte Stellung erreichen können:

Die Partie verläuft einige Züge ruhig, bis wir auf einen sehr interessanten Austausch stoßen: Schwarz hat das Läuferpaar und drei Bauern gegen die Qualität von Weiß. Auf dem Papier wäre dies ein Vorteil für Schwarz, aber zum Einen ist Weiß besser entwickelt und zum Anderen hat man solch eine Konstellation nicht alle Tage!

Das Spiel geht verhältnismäßig normal weiter. Guido kann Druck auf der e-Linie ausüben und Oliver schwächt mit g6 etwas die schwarzen Felder. Alles in allen aber ziemlich ausgeglichen. Nach 35 Zügen wurde einiges abgetauscht, was für Oliver einen Vorteil verspricht.

Dieses Endspiel bevorzugt Schwarz:

Für Guido scheint der Plan klar: Den Königsflügel irgendwie dicht machen und die Bauern am Damenflügel mit aller Kraft aufhalten. Gut für ihn ist, dass er auf g5 einen Störenfried platziert hat, der auf einen schwarzen Feld steht. Somit kann der Läufer da wenig ausrichten.

Man betrachte folgende Stellung: Der Königsflügel ist abgeschottet, alle Bauern sind auf schwarzen Feldern und der Läufer ist machtlos. Der Turm schneidet darüber hinaus den Weg für den König ab, damit dieser sich nicht am Königsflügel einmischen kann.

Jetzt muss Oliver also am Damenflügel agieren und hoffen, dass dort entweder sein Gegner den Druck nicht standhält oder er findet im Eifer des Gefechts die Chance, seinen König wieder an den Königsflügel zu bringen – vielleicht wie eine Art riesiges Ablenkungsmanöver. Allerdings schlägt Guido sich tapfer und Oliver findet nicht immer die richtige Fortsetzung. Am Ende kann Guido das volle Potential seines Turmes aktivieren, was für ein Remis langt. Eine schöne Partie!

 

Jürgen Nickel – Benjamin Isler : 1/2-1/2

Jürgen notiert gerade seinen letzten Zug, Lg5. Benjamin wird darauf h5 spielen – gibt es vielleicht eine bessere Alternative?

Benjamin spielt seit ich ihn kenne die französische Verteidigung, die auch hier in etwas anderer Zugfolge auf’s Brett geworfen wird. Trotzdessen, oder gerade deshalb sollte man probieren, jedes Spiel für sich zu betrachten. Eine Stellung kann 90% gleich aussehen mit Unterschieden, die man für nicht wichtig hält. Aber es sind gerade die Feinheiten, die tückisch sein können.

Benjamin hat hier den Standardzug Db6 gespielt, welche Nachteile bringt das mit sich?

Als Folge kann Jürgen einen Bauern einsacken und steht komfortabler. Der weißfeldrige Läufer, der im Franzosen ein Sorgenkind ist, hat es extrem schwer, in das Spiel zu kommen. Jürgen hingegen kann über seinen Figuren frei verfügen und stellt diese auf die richtigen Felder.

Der Druck auf e6 ist spürbar in dieser Position, was sollte Weiß spielen, um ihn (indirekt) zu erhöhen?

In den nachfolgenden Zügen schaufelt sich Benjamin immer mehr sein eigenes Grab. Als der f6-Bauer fällt ist die Lage um den schwarzen König nicht gerade optimal.

Schauen Sie sich folgendes Bild an: 6 Figuren auf 6 Feldern so nah beieinander! Der schwarzfeldrige Läufer von Weiß schaut den Spektakel zu und möchte dabei sein. Nachdem Klärung geschaffen wurde steht Weiß hier besser.

Benjamin zeigt Kampfgeist und versucht, am Damenflügel irgendwie Spiel zu generieren. Aber Jürgen lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, macht keine groben Schnitzer und verfolgt den simplen Plan, am Königsflügel mit den Bauern durchzulaufen.

Allerdings soll sich das Blatt wenden! Weiß hat soeben Le8 gespielt. Wie kann Schwarz diese Gelegenheit am besten nutzen, um aktiv zu werden?

Nach diesen kleinen Ausrutscher hat tatsächlich Benjamin das Spiel in der Hand. Aus menschlicher Sicht ist das aber eine extreme Umstellung. Man hat die ganze zeit verbittert in einer Verluststellung gekämpft, wie in einen Albtraum. Dann wacht man auf und soll besser stehen? Alles eine Frage der Mentalität, versteht sich, aber stelle ich persönlich mir sehr schwer vor, so schnell umzudenken. Deshalb wurde sich hier zeitig auf Remis geeinigt. Ein Ergebnis, mit welchen ich beim Nachspielen dieser Partie nicht gerechnet habe aber im Nachhinein für verständlich finde.

Lutz Kania – Michel Langner : 1/2-1/2

Lutz bedroht den Springer auf c6, Michel wird auf d4 ausweichen.

Hier finden wir kurioser Weise eine Eröffnung, mit denen beide Seiten eher mit der jeweils anderen Farbe vertraut sind: Lutz spielt eine Art sizilianischen Drachen, was er bevorzugt mit Schwarz gegen e4 spielt und Michel antwortet mit e5 nebst f5, ein System, womit er mit den weißen Steinen schon Erfolge erzielen konnte. Lutz expandiert am Damenflügel und scheucht das Pferd herum, was ich als Ansage für eine interessante Partie werte. Hieran kann man erkennen, dass jemanden die eigene Erfahrung auch trüben kann: Michel verfolgt den typischen Plan, den f-Bauern nach vorne zu hetzen um einen Angriff zu erhalten.

Es geht um folgende Stellung, Schwarz droht eine Gabel (darauf immer aufpassen!) :

Lutz vertraut auf Michel’s Intuition und nimmt nicht auf f4. Bei der Analyse zeigt sich, dass dies aber gar nicht so schlimm gewesen wäre. Aber mit Computerunterstützung kann man für gewöhnlich schnell markante Aussagen treffen. Der Menschliche Faktor war hier ausschlaggebend für die Wahl, stattdessen lieber auf e7 zu nehmen und ist für mich nachvollziehbar. Wenn man dies verstanden hat, kann man ebenfalls erkennen, dass nun das nehmen auf f4 keine Option für Weiß ist aus Lutz‘ Sicht. deshalb wählt er folgenden Zug, um die Spannung zu senken:

Weiß hat gerade Lf3 gespielt und greift den Springer an. Aber der Plan geht nicht auf! Warum nicht?

Michel erkennt die Situation und handelt korrekt. Damit hat er eine Etappe schon geschafft und den Weißen König ins Visier genommen. Er verfolgt weiterhin den richtigen Plan, allerdings nicht den schnellsten, sodass Lutz sich wehren kann. Das Resultat ist ein Ungleichgewicht: Schwarz hat zwei Mehrbauern gegen einen Läufer. Theoretisch machbar für Weiß, aber die Praxis sieht immer etwas anders aus!

Hier hat Schwarz mit Df5 daneben gegriffen. Wie kann Weiß zum fatalen Schlag ausholen?

Lutz steht besser, aber Michel ist bekannt dafür, sich wie ein Entfesselungskünstler aus solchen Situationen zu befreien. Und das ist ihm auch hier gelungen. Wie? Die Antwort finden Sie wie immer beim Nachspielen!

Sascha Thomsen – Arno Urban : 0-1

Sascha hat gerade auf e5 genommen, Arno wird mit seinen Springer zurückschlagen.

In so ziemlich jeder Runde findet sich eine Partie, die zeigt, wie gnadenlos Schach sein kann. In der dritten Runde durfte Petra Römer das am eigenen Leib erfahren, in der zweiten Runde Martin Weilandt. Nun darf sich Sascha auch dazu gesellen. Das soll in keinster Weise abwertend gemeint sein, ich möchte nur hervorheben, dass so etwas wirklich jeden erwischen kann. Ich denk dabei immer an den renomierten mehrfachen Weltmeister Vladimir Borisovich Kramnik, der in den „Man vs Machine“-Match gegen Fritz ein Matt in eins übersehen hat. Wenn man sich mit einen Fehlgriff in eine ähnliche Situation begibt wie besagter Weltmeister, ist das doch nicht ganz so übel!

Aber bevor ich zu abschweifend werde, erzähle ich lieber etwas über diese Partie: Wir haben hier die Lieblingseröffnung von Sascha – das Londoner System auf dem Brett. Arno wählt ein von ihm präferiertes königsindisches System. Alles ist soweit in Ordnung, bis nach 18 Zügen ein Zug, eine Entscheidung das Spiel blitzschnell zum Ende bringt:

Weiß muss eine wichtige Wahl treffen: Welcher Bauer soll nach vorne gezogen werden, der e-Bauer oder der c-Bauer?

Wie es so üblich ist kommt ein Fehler selten allein, sodass schon relativ früh Schluss ist.

 

Petra Römer – Peter Nissen : 0-1

Petra wird h3 spielen, weshalb Peter mit seinen Läufer auf d7 gehen wird.

In einen geschlossenen Sizilianer ist für gewöhnlich nicht so viel Taktikpotential enthalten wie in den offenen Systemen. So ist es hier auch, beide Seiten bauen sich ruhig auf, versuchen Platz einzunehmen und gegnerische Figuren schlechter darstehen zu lassen. Petra entscheidet sich dafür, den schwarzfeldrigen Läufer für einen Randspringer zu tauschen, was ihr einen leichten Nachteil bringt. Trotzdessen ist das Spiel ausgeglichen. Drehpunkt des Geschehens ist der Damenflügel, weshalb Petra wahrscheinlich versucht hat, mehr Figuren dort hin zu bringen.

Von der Idee richtig, allerdings kann Schwarz hier nach Sd4 den Sack zu machen!

Peter wählt nicht den direkten Weg, aber einen zielführenden ohne Zweifel. Schwarz einziger Trumpf ist das Läuferpaar und der isolierte Bauer auf d3. Allerdings schlummert noch etwas viel gefährlicheres in der Stellung. Dies stellt sich aber erst dann heraus, als Petra mit der Dame die eigenen vier Wände verlässt.

Die schwere Lage erkennend kehrt Sie auf f3 zurück, doch da ist es schon zu spät. Was muss Schwarz hier spielen?

Die Auflösung finden Sie beim Nachspielen!

Hayo Weidung – Gerhard Kühnen : 0-1

Gerhard wird Sf6 spielen, was Hayo mit Sc3 beantwortet.

Ein offener Sizilianer, wo Hayo eine Maroczy-Stellung wählt. Sie ist bekannt dafür, sehr solide zu sein und festen Griff über die Weißen Felder zu garantieren. Anderenseits fallen dadurch ein Wenig die schwarzen Felder unter Beschuss. Der Maroczy-Aufbau wird von Großmeistern hauptsächlich gegen den sizilianischen Drachen eingesetzt, kann aber auch als generelle Idee in anderen Stellungstypen eingebaut werden. So wie in dieser Partie. Gerhard platziert einen Springer auf b6, wo er meiner Meinung nach nicht sonderlich viel macht. Als er dann mit Tc6 diesen deckt, um die Dame zu bewegen, hat Hayo eine leicht vorteilhafte Stellung.

Weiß ist hier mit f4 etwas radikal vorgegangen, was ist an schwarzer Stelle zu tun?

Hayo gewinnt schnell am Königsflügel Raum und Gerhard’s Stellung wirkt wie eingedrückt. Aber statt den Druck auf die g- und h- Bauern zu erhöhen, tauscht Hayo seinen angreifenden Läufer gegen einen unbedeutenden Springer auf b6, was seinen Vorteil etwas zurückwirft. Allerdings steht dafür widerum sein Springer auf d5 gut, was ihm immernoch eine bessere Stellung bringt.

In einen unachtsamen Moment ist alles vorbei: Schwarz am Zug gewinnt!

Hayo möchte weiterspielen und seine Liebe zum Spiel trotz nachteilhafter Stellung belohnt ihn einige Züge später dafür.

Was könnte Schwarz hier spielen, um seinen Vorteil zu bewahren?

Danach kann das Spiel wieder in beide Richtungen verlaufen. Obwohl jetzt die fünf letzten Züge anstehen und Zeit ein wichtiger Faktor ist. Ich war am Dienstag leider nicht da, aber ich würde vermuten, es hat sich um Zeitnot gehandelt als Hayo den Springer eingestellt hat. Eine echte Achterbahnfahrt, diese Partie!

Sara Andresen – Rainer Schwarz : 0-1

Rainer setzt gerade Sa6 an, woraufhin Sara mit e4 den d5-Bauern stärkt.

Aus den Londoner System ist auf interessante Weise mehr eine Art Benoni entstanden. Rainer sieht früh eine Chance, den e4-Bauern zu gewinnen. Allerdings hätte es eine Variante gegeben, in der Weiß souverän den Bauern decken kann:

Es geht um folgende Ausgangsstellung:

Nach Lb5+ sollte Schwarz mit seinen Läufer decken. Diesen wird Weiß widerum nehmen und Schwarz muss mit den Springer zurückschlagen. Daraus resultiert, dass der Bauer auf e4 nicht mehr angegriffen ist und Weiß mit Sf3 kurz vor der Befreiung aus der Fesselung ist. In der Partie zum Nachspielen ist außerdem eine weitere Variante, in die der König schlägt.

Sara verliert mit e4 einen wichtigen Unterstützer für d5. Als Rainer noch einen zweiten Bauern gewinnt, lässt er sich diesen Vorteil nicht mehr aus der Hand nehmen und konvertiert seinen Vortiel in ein nahezu makelloses Endspiel.

Martin Weilandt – Otto Jepsen : 1/2-1/2

Martin am Zug wird Sc3 spielen, was Otto mit c6 erwidern wird.

In einer Bird-Eröffnung wählt Otto einen vorsichtigen Aufbau mit d6, e6 und f6. Martin wittert daraus eine Chance für drastische Maßnahmen und hüpft mit seinen Pferd auf h4, um unter anderem auch den Weg für die Dame frei zu machen. Allerdings ist Dh4+ halb so wild für Otto:

Wie soll Schwarz auf das Schach reagieren, mit den König wegziehen oder einen Bauern dazwischen ziehen?

Schwarz spielt weiter vorsichtig und setzt bis zum zehnten Zug keinen Bauern auf die fünfte Reihe. Martin hat dadurch etwas leichteres Spiel. Außerdem ist der schwarze König ein relativ einfaches Ziel für Weiß, vor allem wenn man durch defensives Spiel schwarzer Seite einen Angriff vorbereiten kann.

So hätte es in folgender Stellung schon nahezu beendet sein können: Was kann Weiß hier spielen?

Doch einige Züge später trifft Martin eine kleine Fehlentscheidung: Er nimmt einen Bauern mit den Läufer statt mit den Springer, was die Stellung wieder offen für beide Seiten macht. Otto hat korrekt erkannt, was zu tun ist:

Weiß hat gerade auf f6 geschlagen, was spielen Sie mit Schwarz?

Ab jetzt ist Otto am Drücker, besitzt eine Qualität gegen einen Mehrbauern und geht in ein für ihn komfortables Endspiel. Ein unachtsamer Moment kostet ihn seinen Springer, allerdings ist der Vorteil groß genug, um trotzdem noch nach den Sieg zu greifen.

In folgender Stellung hätte Otto das Endspiel vereinfachen können, um dann sicher den Gewinn heim zu fahren. Was soll Schwarz hier spielen?

Nachdem der Läufer geblieben war hatte Otto wohl keinen Weg gefunden, voranzukommen. Meine Engine sagt, es gäbe einen Möglichen Weg, allerdings kenne ich mich in solchen Positionen nicht gut genug aus, um nach einer Methode zu suchen, das Spiel zu gewinnen. Deshalb ist Remis ein würdiges Ergebnis für ein Spiel, was in beide Richtungen gependelt ist!

Kurt Boß – Nikolaj Bolgov : 0-1

Kurt zieht seinen Läufer zurück nach g3, während Nikolaj mit De7 für mehr Halt sorgen möchte.

Das Londoner System ist zwar sehr leicht zu lernen, aber schwer zu meistern. Es gibt einige Feinheiten in Bezug auf die Zugreihenfolge. Diese sind nicht weiter tragisch, man kann entweder sich trotzdem gleich aufbauen oder minimale Abwandlungen erreichen, aber wenn man akkurat spielen möchte muss man diese Feinheiten kennen lernen! Kurt spielt Sbd2, was ihm Ld3 verwehrt. Der Zug Sbd2 ist in der Regel angebracht, wenn Schwarz mit c5 nebst Db6 schnell versucht, auf b2 Druck zu machen. Aber wie eben angesprochen ist dies kein Weltuntergang! Kurt lockt Nikolaj mit einer schick aussehenden Gabel mit Sh5, wozu Nikolaj nicht nein sagt. Dies erlaubt ein eintreten der Dame auf h5 mit aufgeriebener Stellung für Schwarz. Kurt erkennt recht schnell einen sinnvollen Plan und will den ungedeckten Bauern auf f5 gewinnen. Jedoch kann Nikolaj seine Schwäche zu einer Stärke wandeln:

Der Bauer auf f5 scheint verloren, wie kann man das Beste daraus machen?

Nikolaj macht es genau richtig: Er versucht, mit seinen Bauern irgendwie gen weißer König zu gehen und für Unruhe zu stiften. Mit Erfolg, denn in folgender Stellung hätte er das Ruder herumreißen können:

Der Läufer auf g3 ist ungedeckt und wird vom Turm „angeschielt“, was müsste Schwarz hier spielen, um in Vorteil zu kommen?

Nach rund 20 Zügen ist die Stellung ausgeglichen. Kurt möchte seinen Turm auf h1 mit ins Spiel bringen. Eine Idee, die ich befürworten kann. Bloß dafür muss man näher definieren, was das Spiel tatsächlich ist.

Im Folgenden beziehe ich mich auf folgende Stellung mit Weiß am Zug. In rot markiert die Schwächen von Weiß. In grün und gelb die Möglichen Züge für Weiß.

Kurt muss sich irgendwie aus den Würgegriff auf der e-Linie befreien und zusätzlich dafür sorgen, dass kein schwarzer Springer auf f4 gelangt. Hierfür hätte er zwei Möglichkeiten gehabt: Entweder über h5 nebst Th4 den Bauern auf f4 zu decken, um das Eindringen eines Springers zu verhindern, oder über Sb3 nebst Sc1 die Stellung zu halten.

Mit Th3 wird nur das Problem mit den Turm gelöst, der jetzt am Spiel beteiligt ist. Aber in Schach ist es wichtig, Züge zu finden, die so viele Aufgaben wie möglich lösen können. Danach geht Kurt unter, verliert einen Springer und wenige Züge später die Partie.