Die 1. Runde der Stadtmeisterschaft

Mit 30 Teilnehmern ist in der diesjährigen offenen Stadtmeisterschaft einiges los: Der Sieger vom letzten Jahr (Thomas Schmidt) ist nicht zur Titelverteidigung angetreten, aber das Feld ist trotzdem enorm stark! Spannend wird es dieses Jahr auf jeden Fall werden, da schon in der ersten Runde einige Überraschungen auf den Brettern präsentiert wurden. Ein offenes Turnier im Schweizer System wird belebt von diesen „Upsets“, in denen ein auf dem Papier DWZ-schwächerer Spieler seinen Kontrahenten in die Schranken weist.

Hier sind alle Teilnehmer in einer Übersicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dies sind die Paarungen für die 1. Runde gewesen:

Die zweite Runde wird am 4. Februar gespielt und hat folgende Begegnungen:

Zum Nachspielen

Malte Jensen – Jan Madsen : 1-0

In einer modernen Verteidigung kann ich mich im Zentrum gut aufstellen, was zum Plan der Eröffnung gehört. Schwarz möchte sich mit einigen Manövern und Umstrukturierungen auf einen konzentrierten Gegenschlag im Zentrum bereit machen. In der Regel ist das mit Expansion am Damenflügel auf schwarzer Seite verknüpft. Jan versucht, am Königsflügel zu spielen, was uns zu folgender Stellung bringt:

Stellung nach dem 8. Zug von Schwarz:

Ich selber habe in meiner Anfangszeit ebenfalls die moderne Verteidigung gespielt und ich muss heute sagen, dass ich fast immer die Weißen Steine bevorzuge. Nach 9.h3 e5 schielen meine Figuren schon ein wenig auf den zentrierten König, dem noch eine Rochademöglichkeit verwehrt ist.

Jan spielt weiter am Königsflügel und bringt damit seine Figuren außerhalb der Reichweite des eigenen Königs. Hier greift das typische Sprichwort: „Wenn dein Gegner einen Flügelangriff  startet, kontere im Zentrum“, was in dieser Partie durch den König im Zentrum noch verstärkt wird.

Was ist der beste Weiße Zug?

Die Antwort erhalten sie beim Nachspielen. Ich wünsche viel Spaß!

Henrik Andresen – Peter Nissen : 1-0

Henrik spielt das „Deutz-Gambit“, welches aus der italienischen Partie entstehen kann. Peter spielt normale, logische Züge. Keine leichte Aufgabe, denn der Mehrbauer von Schwarz wird gut durch die aktiven weißen Figuren und der besseren Bauernstruktur ausgeglichen.

Nach 17 Zügen landen wir bereits in einen Schwerfigurenendspiel (Weiß am Zug):

Der Bauer auf e4 ist tabu für die Schwarze Dame, deshalb entscheidet sich Peter, seinen Turm von a8 nach d4 zu bringen. Henrik kann in der Zwischenzeit seine Dame auf f2 stellen, um den Bauern f6 anzugreifen. Beide Seiten gehen auf den schwächsten Punkt im gegnerischen Lager, die Stellung ist laut Engine zwar ausgeglichen aber ich persönlich hätte mit Weiß die leichteren Entscheidungen zu treffen.

So erging es wohl auch Peter, der sich viele Züge gegen seinen DWZ-stärkeren Gegner gut gehalten hat, bis er hier nicht die beste Antwort auf das Schach findet:

Danach kann Henrik die Initiative an sich reißen, welche er nicht mehr loslässt. Stark gespielt!

Konrad Panzer – Jörn Langheinrich : 0-1

In der symmetrischen Variante der Englischen Eröffnung ist die Stellung lange geschlossen, bis sie am Damenflügel aufgerissen wird. Jörn konnte viel Raum dort gewinnen und einen sehr gut platzierten Springer auf c5 stellen.

Durch welchen Zug kann Schwarz hier einen Bauern erlangen?

Ab diesen Zeitpunkt war es um Weiß geschehen. Jörn war so freundlich, seine Partie selber zu kommentieren und seine Gedanken mit uns zu teilen. Vielen Dank!

Dirk Maleska – Sascha Thomsen : 1-0

Aus der Englischen Eröffnung wird schnell ein geschlossener Sizilianer im Anzug. Die Bauernstruktur im Zentrum wird früh fixiert, mit leichten Raumgewinn für Dirk, der einen Bauern auf d5 stehen hat. Sascha möchte diesen mit c6 schwächen und lenkt somit das Spiel Richtung Damenflügel.

Dort hat Dirk sofort den b7-Bauerrn in Augenschein genommen, was folgende Stellung zeigt (Schwarz am Zug):

Nachdem alle Schwerfiguren zum Angriff / zur Verteidigung des Bauern b7 gezogen wurden, nutzen beide Spieler die Zeit um am Königsflügel für Ordnung zu sorgen. Danach richtet sich die Aufmertksamkeit wieder den b7-Bauern, welchen Sascha mittlerweile nach b6 ziehen konnte. Nachdem endlich der Bauer getauscht werden konnte, steht Dirk in einem etwas besseren Endspiel. Doch wer Dirk kennt, weiß, wie stark seine Endspiele sind!

Guido Heinemann – Martin Weilandt : 1-0

Guido wirft das Flügelgambit auf das Brett, welches sehr gefährlich für Schwarz sein kann, wenn er sich in der Eröffnung nicht auskennt. Martin wählte deshalb wahrscheinlich eine defensive Abfolge, die Guido freie Hand im Zentrum ließ. Trotzdessen ist die Stellung ausgeglichen, bis folgende Stellung erreicht ist:

Schwarz hatte gerade auf e4 geschlagen, was das Feld für den Springer frei räumt. Ab diesen Zeitpunkt kann Guido langsam aber sicher seine Offensive gegen den schwarzen König starten. Das bekannte Duo aus Springer und Dame machen sich schnell auf dem Weg, um irgendwie Matt zu setzen. Wie es oft in solchen Stellungen kommt, braucht der Verteidiger nur ein Mal daneben greifen, um in große Schwierigkeiten zu kommen. Dies ist auch Martin passiert:

Überlegen Sie mal in Ruhe: Ist h6 ein spielbarer Zug für Schwarz?

Nach dem Fehlgriff fällt der Schwarze König, auch wenn er noch einige Züge seinen Schicksal davon läuft.

Jörg Gradert – Michel Langner : 0-1

Aus der Vorstoß-Variante des Caro-Kann trifft Jörn früh die Entscheidung, mit g3 zwar die schwarzen Felder (h4, f4) zu verstärken, die weißen Felder hingegen zu schwächen. Als Folge muss der Weiße König etwas länger im Zentrum verweilen, was bei den geschlossenen Zentrum, in dem Jörn leichte Raumvorteile besitzt, aber kein Beinbruch ist.

Michel hingegen hat lang rochiert und möchte nach einigen Abtäuschen seine Figuren neu aufstellen. Jörg tut es ihm gleich und wir erreichen schnell einen Punkt, wo sehr viele Varianten sehr kritische Veränderungen des Stellungsbildes mit sich ziehen. Als Beispiel betrachte man folgende Stellung:

Was wäre der effizienteste Plan von Schwarz hier?

Michel opfert im Laufe des Spiels eine Qualität, um den zentral stehenden König etwas näher treten zu können. Jörg lenkt ein und stellt seine Figuren passiv auf.

Doch Michel findet nicht immer die beste Fortsetzung, weshalb sein Angriff bald verpufft. Im 32. Zug ist Jörg auf einmal wieder in vorteilhafter Stellung. Er hat das größte Problem – den unsicheren König gelöst und kann sich nun auf ein vorteilhaftes Spiel wegen der Qualität einstellen.

Vor der Zeitkontrolle wurden mehrere Figuren getauscht, was die Stellung weitgehend ausgleicht (Stellung nach dem 40. Zug von Schwarz):

Im Endspiel hat Michel zwei Bauern für die Qualität erhalten. Bei korrekten Spiel beider Seiten sagt die Engine, ein Remis wäre ein faires Ergebnis gewesen. Die Stellung ist allerdings sehr trickreich, was ein Computer schnell sieht aber ein Mensch eben nicht!

So entscheidet sich Michel hier, seinen Läufer zurückzuziehen, mit Vorteil für Jörg:

Der Läufer hat nämlich sehr wenig Einstiegspunkte in das weiße Lager, was ihm eher zu einen Zuschauer als zu einer Figur wirken lässt. Doch auch Jörg verpasst in folgender Stellung eine Siegchance, was die Stellung wieder ausgleicht:

Weiß am Zug gewinnt

Was dieses Spiel, nach diesen ganzen hin und her, den ganzen diversen, teilweise komplexen Varianten schlussendlich beendet ist ein taktischer Fehlgriff von Jörg.

Dieses Spiel war äußerst spannend und sehr nervenaufreibend beim Nachspielen. Ich hoffe, Ihnen geht es genau so!

Michael Kläve – Petra Römer : 1-0

Im klassichen System des Königsinders kann Michael mit frühen d5 Raumvorteile am Damenflügel für sich beanspruchen. Petra verfolgt die richtigen Ideen, welche in der Umsetzung aber etwas langsam sind, weshalb Michael am Damenflügel genügend Druck ausüben konnte, um eine vorteilhafte Stellung zu erhalten.

Weiß hat hier viele gute mögliche Züge, für Schwarz ist guter Rat teuer:

Michael kann seinen Turm auf die siebte Reihe bringen, was für Petra mit einer Katastrophe gleich zu stellen ist. Der c7 Bauer ist unter starken Beschuss, aber auch der d7 Springer kann das Ziel eines taktischen Manövers werden, so wie in der Partie geschehen. Die weißen Steine sind danach lebendiger als die schwarzen, was zu einer finalen taktischen Folge führte.

 

Nikolaj Bolgov – Nahmen Christiansen : 0-1

In einen klassischen Sizilianer spielt Nikolaj früh den Zug f3, welcher in einigen sizilianischen Stellungen seine Daseinsberechtigung hat. Man muss nur dabei beachten, dass dieser Zug in Kombination mit Rochade eine Schwäche der schwarzen Linie zum König a7-g1 mit sich trägt. In der Regel paart man den Zug f3 deshalb mit Le3, um die Königsstellung  auf der Diagonalen zu sichern. Nikolaj hat nicht Le3 gespielt, sondern direkt rochiert, was uns zu folgender Stellung führt:

Schwarz am Zug gewinnt

Von diesen Ungleichgewicht konnte sich Nikolaj nicht erholen.

Dr. Heinz Meyer – Ralf Maaß : 1/2-1/2

Über eine etwas  ungewöhnliche Zugfolge landet eine Mischung aus Wolga-Gambit, Benoni und Königsinder auf dem Brett.  Dies ist nicht ungewöhnlich, da in einigen Fällen gerne das eine Eröffnungssystem in das andere übergeht bei den dreien. Dr. Meyer zeigt seine jahrelange Erfahrung mit der Eröffnung und spielt die korrekten Züge. Ralf ist deshalb schnell unter Druck gesetzt und wählte in folgender Stellung die falsche Verteidigung:

Weiß kann hier den Sack zu machen, wie?

Dr. Meyer sieht die Gewinnvariante nicht, aber er spielt trotzdem in vorteilhafter Stellung weiter. Erst das Manöver mit der Dame zum gegnerischen König kann Ralf aufatmen lassen, da nun einige aktive Figuren im Zentrum getauscht werden. Die Stellung ist ausgeglichen und keine Seite lässt etwas anbrennen, weshalb man sich zum Remis die Hand gibt.

Hayo Weidung – Oliver Fritz : 0-1

Hayo wählt den königsindischen Angriff, in welcher er früh mit e5 eine Kampfansage macht. Allerdings fällt dieser e-Bauer, was Oliver früh in eine vorteilhafte Position bringt. Das Spiel ist positioneller Natur, Oliver wählt ein Doppelfianchetto und kann mit d4 das Zentrum schließen. Hayo versucht derweil, am Königsflügel für Unruhe zu sorgen. Allerdings kann Oliver die Versuche von Hayo abwehren. Es werden alle Schwerfiguren getauscht und wir sind auf einmal in einen geschlossenen Endspiel Läufer gegen Springer:

Schwarz hat hier eine schöne Bauernkette, während Weiß die schlechtere Bauernstruktur insgesamt hat: Der Doppelbauer auf der g-Reihe gefolgt von den rückläufigen Bauern auf einen weißen Feld bei schwarzfeldrigen Läufer. Oliver hat dieses Endspiel schön zu einen Sieg gebracht. Sehen sie selbst!

Jürgen Nickel – Florian Tent : 1/2-1/2

Jürgen Nickel war so freundlich, selber ein Paar Worte zu der Partie zu schreiben. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

Nickel - Tent 14.01.2020

Kurt Boß – Rainer Schwarz : 0-1

Kurt wählt den Trompowski-Angriff, welchen Rainer mit einen „hypermodernen“ Ansatz entgegnet: Kein direkter Figurenkontakt im Zentrum, sondern indirekter Druck von der Ferne. Kurt schafft sich früh einen isolierten Bauern auf d5, der schwer zu halten ist. Nach einigen Abtäuschen fällt der Bauer und Rainer ist in vorteilhafter Stellung. Weitere Abtäusche vereinfachen die Konvertierung in einen Sieg.

Lars Nacke – Klaus-Achim Eggers : 1-0

Klaus-Achim bestreitet sein erstes Turnier als Mitglied bei uns und er lernt gleich schon die Härte des Spiels kennen: Im 5. Zug ist er unachtsam, was ihm eine Figur kostet! Trotzdessen spielt er weiter und macht bis auf diesen Ausrutscher vernünftige Züge. Allerdings macht Klaus-Achim den Fehler, mit Figurennachteil auf Abtäusche zu zielen. Der Gegner erkennt dies und kann deshalb mit Leichtigkeit die Stellung zum Sieg führen.

Otto Jepsen – Lutz Kania : 1-0

Diese Partie zeigt, dass „Upsets“ schon in der ersten Runde passieren können! Aus einen Sizilianer kommt Otto eigentlich nicht gut aus der Eröffnung heraus, kann aber in folgender Stellung den Läufer gewinnen:

Danach hat Otto neben Materialvorteil auch noch einen überwältigenden Königsangriff. Lutz kann sich gut wehren, aber am Ende des Tages bleibt er auf dem Figurennachteil sitzen. Stark gespielt von Otto!